sloterdijks sphärologie: blasen - globen - schäume "(...) ich frage nach der Nation als einer Hörergemeinschaft oder einem gemeinhörigen Kollektiv; ich möchte mich des Verdachts vergewissern, daß Nationen, wie wir sie kennen, möglicherweise nichts anderes seien als Effekte von umfassenden psycho-akustischen Inszenierungen, durch die allein tatsächlich zusammenwachsen kann, was sich zusammen hört, was sich zusammen liest, was sich zusammen fernsieht, was sich zusammen informiert und aufregt." Peter Sloterdijk, Der starke Grund zusammen zu sein Meine Diplomarbeit widmet sich der Sphärologie von Peter Sloterdijk. Welchen Begriff von Medien verwendet Sloterdijk?
Die Sphärentheorie schlägt eine neue Definition für die kulturellen Begriffe Medien und Kommunikation vor und genau diese Begriffsklärung untersucht die vorliegende Arbeit. Zu der in drei Bänden (insgesamt ungefähr 2500 Seiten) angelegten "Sphärologie" ist wichtig zu erwähnen, dass Sloterdijk keine "Professorenphilosophie" machen will, sondern eine Geschichte erzählen, eine Menschheitsgeschichte. Er stellt in seiner eigenen Sprache Gedanken vor, ohne wirklich zu argumentieren. Er fängt mit einem Gedanken an und führt diesen in vielen Verästelungen immer weiter aus, wodurch sich ausufernde Textmengen ergeben. Das Spannende an der Sphärologie ist die Zeitdiagnose. Er knüpft an Heideggers "Sein und Zeit" an, stellt aber den Raumgedanken in den Vordergrund, sodass wir es mit den zwei ästhetischen Kategorien des In-der-Welt-Seins "Sein und Raum" zu tun haben. Der Architektur kommt eine bedeutende Rolle zu, weil sie das "In der Welt Sein" des Menschen explizit macht. Vom Sphärenprojekt sagt er selbst, dass es ein linkes Projekt ist, aber Heidegger nicht ausgegrenzt sondern produktiv verwertet wurde. Der erste Band der Trilogie handelt von mikro-sphärischen Größen, den "Blasen", beginnend mit der Fruchtblase. Blasen bilden nämlich die Basismoleküle der starken Beziehungen. Wichtig ist das Zur-Welt-Kommen des Menschen, denn kein Mensch kommt alleine zur Welt, sondern stets gefolgt von seinem "intimen Ergänzer" von seinem "Zwilling", der Plazenta. Sloterdijk denkt immer in Paarbeziehungen und geht nicht vom Individuum aus. Der Mensch sucht sein Leben lang nach Ergänzung, nach seiner zweiten Hälfte und ist stets von Verlusterfahrungen geprägt. In diesem Band übt Sloterdijk Kritik an Jacques Lacans "Spiegelstadium des Menschen", das die visuelle Urerfahrung des Selbst überbetont. Im Grunde genommen geht es Sloterdijk um die philosophische Frage "Was ist der Mensch" - bei der Beantwortung bezieht er immer den Raumgedanken mit ein. Der zweite Band der Trilogie; Menschen suchen wie gesagt nach Ergänzung, es wird immer versucht Einheit zu erzeugen und gelingt dies nicht in der Mikrosphäre, wird eine Ebene weiter, in der Makrosphäre zu kompensieren versucht. Der zweite Band "Globen" befasst sich demnach mit den makrosphärischen Einheiten und dazu dienen ihm die morphologischen Leitbilder Kugel und Globus. In diesem Band versucht Sloterdijk die philosophischen Grundlagen der politischen Geschichte darzulegen. Er beschreibt die Globalisierung von der Geometrisierung des Himmels bei Platon und Aristoteles bis zur Umrundung der Erde durch Magellan (die magellanische Revolution war wichtiger als die kopernikanische). Im dritte Band der Trilogie "Schäume" wird versucht, den Pluralismus der Welterfindungen (plurale Sphärologie) wiederzugewinnen und damit eine philosophisch-antropologische Deutung des modernen Individualismus zu formulieren. Die Metapher des Schaums ist so zu verstehen, dass die Kugel des Einheitsdenkens implodiert und so entstehen Schäume, die aus vielen einzelnen Kammern bestehen. |